Nachhaltigkeit bei Weinflaschen: Leichtglas, Merhweg oder PET?

2023-01-13 10:46:44 By : Mr. raven hu

Bernkastel-Kues Die Produktion von herkömmlichen Weinflaschen verbraucht viel Energie. Hersteller arbeiten mit Hochdruck an neuen Abfüll-Konzepten. Doch welche Alternativen gibt es? Auf dem Prüfstand stehen PET-Flaschen, Mehrwegsysteme, Dosen oder Tetrapacks. Woraus wird Wein künftig ausgeschenkt?

Wer gerne Wein aus schweren, soliden Glasflaschen trinkt, wird sich in nicht allzu ferner Zukunft umgewöhnen müssen. Glas ist teuer, seine Herstellung alles andere als umweltfreundlich. Nachhaltigkeit sieht anders aus. Aber wie?

Über dieses Thema haben Experten auf den Weinbautagen des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) in Bernkastel-Kues informiert, und die Zahlen lassen staunen.

Wer weiß schon, dass pro Glasflasche ein Kilogramm CO2 produziert wird? Bei 150.000 Flaschen im Jahr kommen da sage und schreibe 150 Tonnen zusammen. In der Tat ein schlechter CO2-Fußabdruck. Herstellung von Glas verbraucht Unmengen an Energie. Viele Glashütten haben ihre Produktion daher wegen der hohen Kosten bereits einstellen müssen. Hinzu kommt, dass der Transport von schwerem Glas zusätzlich viel Treibstoff – also Energie – verschlingt.

Doch worin sollen Winzer ihren Wein sonst abfüllen als in Weinflaschen? Immerhin, sagt Achim Rosch vom DLR, lägen die Vorteile dieses Materials auf der Hand: Flaschen seien gut zu reinigen, hätten sich bewährt und seien ein tolles Produkt.

Um auf das lieb gewonnene Material nicht ganz verzichten zu müssen, stellt das sogenannten Leichtglas eine Alternative dar. Seine Erzeugung verringert den Co2-Ausstoß erheblich und die Energiekosten reduzieren sich.

In Zahlen heißt das zum Beispiel: 485 Gramm Normalglas stehen 358 Gramm Leichtglas gegenüber. Sogenannte Eco-Bottles enthalten gar einen Altglasanteil von 98 Prozent und werden mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen produziert. In Skandinavien findet der Verbraucher bereits viele Weinflaschen aus Leichtglas in den Supermarkt-Regalen. „Dabei“, so betont Achim Rosch, „ist Leichtglas stabiler als angenommen.“ Diese Vorteile haben den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) überzeugt. Seine Mitgliedsbetriebe stellen um und füllen künftig Gutsweine in Leichtglasflaschen. Ein alter Hut für den VDP Mosel-Saar-Ruwer. Seine Mitglieder nutzen bereits seit Jahren diese Variante, sogar bei Lagenwein.

Was aber spricht dagegen, Wein aus PET-Flaschen zu trinken? Im Grunde nichts. Sie sind recyclingfähig und leer lediglich 47 Gramm schwer. Und was ist mit der Optik? „Auf diesem Sektor hat sich schon einiges getan. Erst wenn man so eine Flasche in der Hand hält, stellt man fest, dass es eine PET-Flasche ist“, sagt Rosch. „Formen und Farben sind wie im Glasbereich möglich.“ Weiterer Vorteil: Es sind auch kleinere Maßeinheiten umsetzbar.

Zu Wein in Tetrapacks griffen einst eher Studenten oder Menschen mit nur sehr bescheidenem Einkommen. Doch nun stellen sie eine angemessene Alternative zur Glasflasche dar. Ihre einzige Schwachstelle laut Achim Rosch: Durch die Öffnung kann Sauerstoff in die Packung hineingeraten. Dieser lässt den Wein altern, er verliert nach einigen Tagen den Geschmack.

Besser in dieser Hinsicht funktionieren die Bag-in-Box-Systeme, auch BiB genannt. Darin wird der Wein in einen Innenbeutel oder Schlauch (Bag) gefüllt, der wiederum in einem Karton (Box) steckt. Der Kunde kann zwischen 2,5 oder 3 Liter-Einheiten wählen. Flache Boxen passen gut in den Kühlschrank und der Wein hält sich bis zu acht Wochen nach Öffnung frisch. Weitere Vorteile: geringes Verpackungsgewicht, kein Glasbruch, bessere Raumnutzung im Keller oder Lager. „In den vergangenen Jahren ist ein Trend zu beobachten, dass sogar höherwertige Weine, vor allem Rotweine, in BiBs gefüllt werden“, sagt Rosch. Die schwerwiegenden Nachteile dieses Systems liegen woanders. „Die Abfüllsysteme sind auf Glas fokussiert“, sagt der Experte. Daher stelle sich die Frage: „Welcher Dienstleister steht dem Winzer zur Verfügung?“

Ob Dosen ebenfalls eine Zukunft haben? Für Weine und kohlensäurehaltige Weingetränke seien diese jedenfalls interessant. „Mittlerweile werden viele Produkte in Dosen abgefüllt“, sagt der Fachmann und zählt auf, welche Behälter der Markt gerade sonst noch anbietet: Etwa Kegs aus Edelstahl, auch Bierfass genannt. Einfache Befüllung, gut zu reinigen und besonders profitabel für die Gastronomie. Oder Weinflaschen aus Papier, in denen der Wein - ähnlich wie bei der BiB - in einem Schlauch schlummert. Oder vielleicht macht ja die Green Gen Technologie Furore: geflochtene Leinfasern und Holz in Flaschenform.

Nachhaltigkeit hat nichts mit Bio zu tun. Vielmehr besteht Nachhaltigkeit aus den drei Feldern: Ökonomische Nachhaltigkeit wie Rentabilität, Produktivität und Gewinn eines Betriebes. Soziale Nachhaltigkeit wie Arbeitnehmerrechte, Aus- und Weiterbildung der Arbeitnehmer. Ökologische Nachhaltigkeit wie Verpackung, Treibhaus-Emissionen, Biodiversität.

Weintrinker kaufen ihre Weine zu 66 Prozent im Lebensmitteleinzelhandel, der wiederum zunehmend darum bemüht ist, möglichst viele Lebensmittel anzubieten, die nachhaltig sind. Künftig werden also mehr Zertifizierungen gefordert, die das belegen. Auch bei der Weinproduktion. Zertifikate sind etwa Fair ‚n‘ Green, Demeter, Bio, FairChoice und das europäische Öko-Siegel.

Warum aber wird bei Weinflaschen nicht einfach ein Mehrwegsystem eingeführt? Die Idee ist nicht neu. Doch die Umsetzung sei schwierig, sagt Rosch. „Wer nimmt die Flaschen zurück? Der Handel beteiligt sich nicht am Mehrwegsystem. Im überschaubaren Kreis bei Winzern und kleinen Genossenschaften ist das schon möglich. Doch viele Flaschen gelangen ja nicht über den Winzer an den Kunden. Da sind noch viele Fragen zu klären.“

Eine Entschuldigung fürs Nichtstun soll das allerdings nicht sein. Winzer könnten sofort Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit umsetzen. Rosch zählt sie auf. Erstens: Leichtglas verwenden. Zweitens: Dunkle Flaschen, die einen hohen Anteil an Recycling-Glas haben, nutzen. Dabei Formen, Farben und Größen reduzieren und möglichst auf weißes Glas verzichten. Das hat nämlich so gut wie keine Recycling-Anteile.

Drittens: die Umverpackung, sprich: Kartons zum Versenden von Wein, prüfen.

Winzer Martin Conrad aus Brauneberg (Kreis Bernkastel-Wittlich) etwa hat vor einiger Zeit eine Initiative auf den Weg gebracht, bei der er seine Versand-Kartons wiederverwendet. Das spart Ressourcen und Geld. Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Weinbau sind solche Ideen unschätzbar.