So glänzt Europas Industrie bei der Raumfahrtmission Artemis

2023-01-13 10:56:32 By : Mr. Russell zheng

Die Artemis-I-Mission ist gestartet und die neue SLS-Rakete mit dem Raumschiff Orion ist unterwegs. Service- und Antriebsmodul wurden hauptsächlich in Deutschland gebaut. Warum das deutsche Know-how wichtig ist und wer beteiligt war, lesen Sie hier.

Das European Service Module (EMS) macht den Flug zum Mond erst möglich. Gebaut wurde es bei Airbus in Bremen. Im Bild ist die Primärstruktur zu sehen, die dem Modul Steifigkeit verleiht. (Bild: Airbus)

Dieser Testflug ist der erste in einer Reihe von Missionen im Rahmen des Artemis-Programms der NASA.

Orion hob am 16. November um 1:47 Uhr ET an Bord der Space Launch System (SLS)-Rakete der NASA ab, und zwei Stunden später trennte sich das Raumfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 22.600 mph von der Oberstufe der Rakete. Damit befand es sich auf einer Flugbahn, auf der es sich von der Schwerkraft der Erde löste und sich auf den Weg zum Mond machte.

Mit diesem erfolgreichen Start hat die geplante 25,5-tägige Mission begonnen. Sie wird zunächst mehrere Tage brauchen, um den Mond zu erreichen und seine Oberfläche zu überfliegen. Unter Ausnutzung der Schwerkraft des Mondes wird sie in eine einzigartige, weit entfernte retrograde Umlaufbahn einschwenken, die sie etwa 40.000 Meilen über die Rückseite des Mondes hinausführen wird. Orion wird den Mond umkreisen und Daten sammeln, die es den Missionsleitern ermöglichen, die Leistung des Raumfahrzeugs und seiner Nutzlasten zu beurteilen.

Vorbereitungen für die Wasserlandung

Orion wird nahe an den Mond heranfliegen und mit Hilfe einer genau getimten Triebwerkszündung in Verbindung mit der Schwerkraft des Mondes zurück zur Erde beschleunigen - mit einer Geschwindigkeit von 25.000 Meilen pro Stunde, wenn es in die Atmosphäre des Planeten eintritt. Das Raumschiff wird vor der Küste von San Diego, Kalifornien, aufschlagen.

Nach wortwörtlichen Startschwierigkeiten ist es in den frühen Morgenstunden des 16. November geglückt: Die Mission Artemis-I ist gestartet. Es ist der Erstflug der neuen SLS-Schwerlastrakete mit ihrem Raumschiff Orion an Bord, dessen Service- und Antriebsmodul hauptsächlich in Deutschland gebaut wurde. Wir haben uns die technischen Details (und die wirtschaftliche Relevanz) genauer angesehen.

Das Ziel der Artemis-Mission ist es, wieder Astronauten auf den Mond zu bringen – das erste Mal seit dem Apollo-Programm in den 1970er Jahren. Während Artemis-I noch unbemannt unterwegs sein wird, sollen bei der zweiten Artemis-Mission, die für Ende 2023 geplant ist, erstmals Astronautinnen oder Astronauten mitfliegen. Mit der dritten Mission, Artemis-III, sollen dann die erste Frau und der nächste Mann auf dem Mond landen.

Wir widmen uns hier bei PRODUKTION dem European Service Modul (kurz ESM), das in Deutschland gebaut wird. Diese Fragen werden beantwortet:

Die Details zur Artemis-Mission der Nasa finden Sie bei unserem Schwesterportal KENEXT. Dort beantwortet unser Kollege Peter Koller unter anderem, wie Artemis‘ SLS Rakete angetrieben wird, wer ist an Board ist und was ein Flug der Artemis-Mission kostet. Hier geht’s zum Artikel: „Neue Mondrakete mit alter Technik“

Der wichtigste Teil des Raumschiffs Orion, das Service- und Antriebsmodul ESM, wurde in Deutschland gebaut. Verantwortlich dafür: Airbus in Bremen in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Industrie-Unternehmen. Mit dabei bei der Entwicklung und dem Bau sind Partner aus zehn europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Schweiz) und den USA.

„Das ist ein beispielloser Vertrauensbeweis der Nasa in die Fähigkeiten unserer Industrie und Deutschland als Partner. Wir sind mit 50 Prozent an den Servicemodulen der Artemis-Missionen beteiligt, die federführend von Airbus, als Hauptauftragnehmer der ESA, von einem europäischen Industriekonsortium gefertigt und in Bremen endmontiert werden“, sagt Dr. Walther Pelzer, Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur und DLR-Vorstandsmitglied. Das erste ESM heiße dementsprechend auch wie die Hansestadt: ‚Bremen‘.

Ein weiteres ESM für Artemis-II, bei der erstmals eine Crew an Bord sein soll, wurde bereits zum Kennedy Space Center in den USA transportiert. Das Modul für Artemis III befindet sich aktuell bei Airbus in Bremen in der Endmontage. Die NASA hat im Rahmen ihres Artemis-Programms bisher sechs europäische Servicemodule bestellt, denn am Ende jeder Mission wird das jeweilige Servicemodul in der Erdatmosphäre verglühen, während das Besatzungsmodul im Pazifischen Ozean wassern wird.

„Zurück zum Mond, mit deutscher Beteiligung. Ohne das ESM kann das Orion-Raumschiff nicht fliegen. Es ist daher ein großer Vertrauensbeweis der Amerikaner gegenüber Europa und Deutschland, Entwicklung und Bau dieses wichtigen Missionselements in europäische und deutsche Hände zu legen. Das macht uns außerordentlich stolz und zeigt, welche ausgezeichnete Arbeit die deutsche und europäische Industrie und Wissenschaft leistet.“

Dr. Anna Christmann, Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt.

Airbus hat das ESM als Hauptauftragnehmer der europäischen Weltraumorganisation ESA entwickelt und gebaut. Dabei liegt zum Beispiel die Flugelektronik direkt in der Hand des Unternehmens. Für weitere Komponenten bekommt Airbus Unterstützung von vielen anderen europäischen beziehungsweise deutschen Unternehmen.

Zum Beispiel liefert die Ariane Group wichtige Bauteile. Zum Beispiel kommen 24 Lagerregelungstriebwerke mit einer Schubkraft von 200 Newton der Ariane Group in Lampoldshausen (Baden-Württemberg) zum Einsatz. Die Treibstofftanks werden von der Ariane Group in Bremen beigesteuert. Hinzu kommt ein umfangreiches Arbeitspaket für die dort stattfindende Endintegration. Dies umfasst die Integration der einzelnen Komponenten, die Installation der Kabelbäume, Thermalhardware und Treibstoffleitungen, Schweißarbeiten, Tests, inklusive der Hochdrucktests sowie Integrations-Support in den USA.

Der Weltraum bietet viele Möglichkeiten, auch für die Industrie. Wir beobachten für Sie aktuelle Projekte und sammeln sie in unserem Fokusthema. Wagen Sie den Deep Dive into Space!

MT Aerospace aus Augsburg liefert Gastanks und Druckregler für Sauerstoff und Stickstoff. Das Unternehmen ist zusätzlich auch an der Trägerrakete beteiligt und Partner von Boeing im SLS-Programm.

Tesat in Backnang leitet für Airbus die Teilebeschaffung für Elektronikbauteile und stellt so die Qualität und Zuverlässigkeit aller elektrischen und elektronischen Komponenten von HI-REL (high reliability / sicherheitsrelevant) sicherzustellen.

Weitere beteiligte Unternehmen sind beispielsweise IABG aus Ottobrunn (Thermalvakuumtests), Filcon Electronic aus Taufkirchen (Steckverbindungen), Witzenmann aus Pforzheim (Bälge für Ventile) und Phytron aus Gröbenzell (Stellmotoren für Triebwerksventil).

Astronaut Alexander Gerst freut sich ebenfalls über die starke deutsche Beteiligung am Projekt, auch weil ein paar Teile aus seiner Heimat kommen und ihn an seine Kindheit erinnern:

Die Konstruktion des Orion-Raumschiffs soll es ermöglichen, Astronaut:innen weiter als je zuvor in den Weltraum zu befördern, zu versorgen und eine sichere Rückkehr zur Erde sicherzustellen.

Das Servicemodul ist das Herzstück des Raumschiffs, denn ohne es kann Orion nicht fliegen. Es sitzt direkt unter der Crew-Kapsel und enthält das Haupttriebwerk. Neben seiner Funktion als Hauptantriebssystem ist das ESM für das Orbitalmanöver und die Lageregelung zuständig.

Außerdem liefert es über vier Solarsegel den Strom, reguliert Klima und Temperatur im Raumschiff und lagert Treibstoff, Sauerstoff und Wasservorräte für die Crew.

Mehr als zwanzig Unternehmen aus Europa arbeiten an den ESM für die Artemis-Mission. Hier sieht man einen Teil des Teams bei Airbus in Bremen. (Bild: NASA/Rad Sinyak)

Jedes Kabel in dieser Struktur muss richtig angeschlossen und konfiguriert sein, damit die Systeme das Raumschiff und seine vierköpfige Besatzung mit Energie, Antrieb, Sauerstoff und Wärme versorgen können. (Bild: Airbus)

Die Solarpaneele des ESM. (Bild: ESA/M. Cowan)

Die Speichertanks für den Antrieb des ESM-2. Jedes Servicemodul verfügt über vier dieser 2000-Liter-Tanks zur Versorgung der Triebwerke. (Bild: Airbus)

Airbus-Mitarbeitende bei der Integration des Orion-ESM in Bremen. (Bild: Airbus)

Das European Service Modul wird bei Airbus im Bremen für den Transport in die USA verpackt. (Bild: NASA/R. Sinyak)

Orion wird zum Transport in ein Flugzeug vom Typ Super Guppy verladen. (Bild: NASA/Kim Shiflett)

Das fertige Raumschiff Orion für die Artemis-I-Mission im Nasa Kennedy Space Center in Florida. (Bild: NASA/R. Sinyak)

Mit dieser SLS-Trägerrakete der Nasa wird das Raumschiff Orion auf den Weg zum Mond gebracht. (Bild: NASA/Joel Kowsky)

Das ESM besteht aus mehr als 20.000 Teilen und Komponenten, von der elektrischen Ausrüstung über Triebwerke, Solarzellen, Treibstofftanks und Lebenserhaltungsmaterialien bis hin zu zwölf Kilometern Kabeln und mehreren Kilometern Schläuchen.

Das Modul hat eine zylindrische Form mit einem Durchmesser und einer Höhe von etwa vier Metern. Beim Start wiegt es insgesamt etwas mehr als 13 Tonnen und macht damit etwa 3/5 der Gesamtmasse des Orion-Raumschiffs aus. 8,6 Tonnen Treibstoff treiben das Haupttriebwerk, acht Hilfstriebwerke und 24 kleinere Triebwerke an.

Das ESM stützt sich auf ein charakteristisches vierflügeliges Solarsystem. Dabei besteht jeder Flügel aus drei separaten Paneelen, die sich nach dem Start auf eine Länge von sieben Metern entfalten. Dann hat das Raumfahrzeug eine "Flügelspannweite" von 19 Metern. 15.000 Solarzellen erzeugen genug Energie, um zwei Haushalte zu versorgen. Jedes der vier Arrays ist um zwei Achsen drehbar. So können sie sich für eine maximale Stromerzeugung nach der Sonne ausrichten.

Die Außenseite des ESM ist mit Kevlar verkleidet, um Schäden durch Mikrometeoriten und den Einschlag von Weltraummüll zu vermeiden. Darüber hinaus sind wichtige redundante Systeme wie die Avionik auf gegenüberliegenden Seiten des Moduls angeordnet.

Die Technik entwickelt sich so schnell weiter wie noch nie. Neue Technologien halten ständig Einzug in unserem Leben. Natürlich heißt das nicht, dass alte Technologien verschwinden werden, aber die Relevanz wird sich verschieben. Welche Technologien und Konzepte wichtiger werden, was der aktuelle Stand ist und worin Chancen für die Industrie liegen, lesen Sie in unserer Rubrik "Zukunftstechnologien" - hier entlang!

Einen Überblick über die relevantesten Zukunftstechnologien und deren industrielle Einsatzmöglichkeiten hat unsere Redakteurin Julia Dusold in diesem Kompendium für Sie zusammengefasst: "Das sind die wichtigsten Zukunftstechnologien".

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